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Tuesday 10 June 2008

Sonderschau zu Napoleons III. am Bodensee


Napoleon III. hat nicht nur über zwei Jahrzehnte die Geschicke Frankreichs bestimmt, sondern er war auch «Der Kaiser vom Bodensee».

Unter diesem Titel beleuchtet eine Doppelausstellung am Bodensee die bisher wenig beachtete Kindheit und Jugend des französischen Monarchen. Anlässlich seines 200. Geburtstags zeigen das Kulturzentrum am Münster in Konstanz und das Napoleonmuseum im Schloss Arenenberg in der Schweizer Nachbargemeinde Salenstein von diesem Sonntag (20. April) an eine grenzüberschreitende Sonderschau.

Denn Louis Napoleon Bonaparte (1808-1873), Neffe von Napoleon I., lebte von 1815 bis 1838 mit seiner Mutter Hortense de Beauharnais am Bodensee. Das Schloss im Schweizer Kanton Thurgau war sein Elternhaus, in Konstanz und beim Schweizer Militär erhielt der Prinz Erziehung und Ausbildung.

«Die Doppelausstellung will keinen einseitigen Kaiserkult betreiben», versicherten die Museumschefs Tobias Engelsing (Konstanz) und Dominik Gügel (Salenstein) am Donnerstag. Vielmehr solle deutlich werden, wie die ersten Lebensjahre diese wichtige historische Figur des 19. Jahrhunderts geprägt haben - mit Stärken und Schwächen. Das Bodenseegebiet hat der Bonaparte-Adelsspross stets als seine Heimat und Frankreich als sein Vaterland betrachtet. Zeit seines Lebens sprach er auch Alemannisch, wie die Forschung herausgefunden hat.

Die Sonderschau, die bis zum 19. Oktober zu sehen ist, beruht auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Funden. Ausstellungsstücke wie Möbel, Briefe und Dokumente wurden aus Bürgerhäusern und Schlössern der Region zusammengetragen. Prunkstück ist ein Pferdeschlitten, mit dem der Prinz die Distanz von heute zehn Autominuten zwischen Schloss Arenenberg und der «Residenzstadt» Konstanz zurücklegte. Ausgestellt ist auch die berühmte Sedan- Kutsche, in der der mitunter als «Kleiner Napoleon» geschmähte Kaiser nach der Kapitulation im deutsch-französischen Krieg 1870 zu König Wilhelm von Preußen fuhr.

Die Doppelausstellung gibt einen Eindruck davon, wie sich der schüchterne Junge zum sportlichen Draufgänger und Dandy entwickelt, der jedoch streng erzogen und von Kindesbeinen an auf den Thron vorbereitet wurde. Der Besucher erfährt, dass Napoleon III. ein guter Schüler war, die Kunst liebte sowie militärische und philosophische Abhandlungen schrieb. «Erfahrungen aus dieser Zeit in der Schweiz und in Baden mit ihrem liberalen Geist übertragen sich auf seine Herrschaft», sagte Gügel. In den Original-Räumen im Schloss können die Besucher die Jugend des Prinzen im Spielzimmer oder bei Schießübungen an einem Computer in Richtung Insel Reichenau nachempfinden.

Negative Seiten des Monarchen werden nicht verschwiegen. Ein «umtriebiger Wirtschaftsmodernisierer und Sozialreformer, aber auch ein gnadenloser autokratischer Herrscher» sei Napoleon III. in seiner Regierungszeit von 1848 bis 1870 gewesen, meinte Engelsing. «Viele Zeugnisse stammen von Konstanzer Dachböden.» Der junge Thronanwärter mischte sich auch gern unters Volk, war ein beliebter Kneipengast und unterhielt enge Kontakte zur damaligen High Society. Außerdem pflegte er zahllose Liebschaften, die nicht ohne Folgen blieben. Für die Kinder zahlte er Unterhalt bis zur Volljährigkeit und beschenkte sie zum Andenken mit einem Ring, von denen Exemplare ausgestellt sind.

Von Gisela Mackensen, dpa

Source: suedkurier.de

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