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Monday 30 June 2008

Kunst: Adel verpflichtet


Wie nah Schönheit und Vergänglichkeit beieinander liegen, zeigt die Ausstellung "Ins Paradies und zurück" im Schloss Dyck bei Neuss. Ähnlich nah liegen Kunstsinn und Profitdenken: Die Schau ist der Auftakt zu einer Ausstellungsreihe der Sammlung Rheingold, die von dem Düsseldorfer Art-Consultant Helge Achenbach zusammengetragen wurde.

Der Dschungel ist eine Schönheit mit einer dunklen Seite: Thomas Struth zeigt den Regenwald in seiner Fotoserie "Paradiese" als grünes Naturwunder, das dem Betrachter nicht alle seine Geheimnisse preisgibt. Als Teil der Ausstellung "Paradies und zurück" mit Werken aus der Sammlung Rheingold ist die Serie ab Sonntag im Schloss Dyck bei Neuss zu sehen.

Die von Veit Loers kuratierte Schau präsentiert zeitgenössische Gemälde, Skulpturen und Videos – und greift eine simple Weisheit auf: dass jeder Himmel eine Hölle voraussetzt. Denn Thomas Struth hat nicht einfach den Regenwald fotografiert, in jedem seiner Bilder lauert auch die Gefährdung der Natur durch den Menschen.

Die Schau ist der Auftakt für eine Ausstellungsreihe mit den Werken des Düsseldorfer Kunstsammelunternehmens Rheingold in den Räumen des Schlosses. Seit 2002 haben die sechs Rheingold-Gesellschafter um den Kunstberater Helge Achenbach "zukunftsweisende Positionen der Gegenwartskunst" in ganzen Blöcken und in Absprache mit kooperierenden Museen gekauft. Die Museen, renommierte Häuser im Rheinland wie das Kölner Museum Ludwig, das Museum Kunstpalast in Düsseldorf oder das Museum Abteiberg in Mönchengladbach, dürfen die Bilder der Sammlung in Sonderausstellungen zeigen oder bekommen sie als langjährige Leihgaben zur Verfügung gestellt.

Kritik, die kooperierenden Museen dienten Rheingold als "Durchlauferhitzer" und sollten vor allem den Wert der Kunstwerke steigern, weist Helge Achenbach in einem Interview mit dem "Handelsblatt" zurück. Der Gesellschaftervertrag sei mit 20 Jahren Laufzeit langfristig angelegt. Der jüngste Coup der Rheingold-Sammlung ist der Ankauf eines Teils der Sammlung des Kölner Urologen Reiner Speck. Unter anderem erwarb Rheingold Arbeiten von Thomas Schütte und Rosemarie Trockel, insgesamt 20 Millionen bis 50 Millionen Euro sollen die Werke nach Schätzungen gekostet haben.

Mit Schloss Dyck hat die Sammlung Rheingold einen repräsentativen Ausstellungsort gefunden. Für "Paradies und zurück" stellte das Unternehmen unter anderem Werke von Boris Mikhailow und Thomas Ruff zur Verfügung. Der ukrainische Fotograf Mikhailow ist als Dokumentar der sowjetischen Propagandamaschinerie dabei. Er macht in seinen Bildern die Zwänge des vermeintlichen Arbeiterparadieses sichtbar. Außerdem zeigt die Schau Arbeiten von Georg Baselitz und Daniel Richter, Tal R, Alexandra Bircken und Eberhard Havekost. Der Dresdner Maler seziert in den hier gezeigten Bildern die Natur. Es sind Studien von exotischen Blättern, so dunkel wie die Nachtseite der paradiesischen Welt.

JUDITH SCHOLTER
art-magazin.de

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